2

Boardwalk Empire: Das Buch [Review]

Boardwalk Empire dürfte einigen von euch als Serie bekannt sein. Was Viele nicht wissen: Passend zur Serie über die kriminellen Machenschaften in Atlantic City gibt es ein sehr spannendes Buch, welches die Hintergründe der Handlung verdeutlicht.

Boardwalk Empire - Aufstieg und Fall von Atlantic City

Bevor ich so richtig mit meiner Buchrezension loslege, macht es Sinn einen kurzen Blick auf die Serie von HBO zu werfen. Von 2010 bis 2014 veröffentlichte der Game-of-Thrones-Fernsehsender die 56-teilige Serie rund um Enoch Nucky Johnson, die Prohibition und den Aufstieg Atlantic Cities. Dabei Beginnt die Serie mit der Einführung der Prohibition und macht deutlich wie das Verbot von Alkohol Atlantic City mächtig und reich machte. Oder vielleicht nicht unbedingt Atlantic City, sondern vor allem Nucky Johnson, den Schatzmeister der Stadt, der durch Mafia-Strukturen die Stadt, die Polizei, die Politiker und die Zukunft der Stadt kontrolliert. Die Serie konzentriert sich vor allem auf die Zeit nachdem Nucky schon länger Zeit ‚an der Macht ist‘ und zeigt wie er regiert und gegen andere Mafia-Verbindung vorgeht. Gleichzeitig sieht man immer wieder wie das FBI versucht genug Beweise für eine Anklage gegen Nucky zu sammeln. Dabei weicht die Handlung immer wieder von den historischen Ereignissen ab, lässt offen wie Nucky wirklich zu seiner Macht kam und wie es später mit Atlantic City weiterging.

Das Buch

Wer wissen möchte was wirklich geschah und wie Atlantic City zu einer der wichtigsten Mafia-Städte wurde, der muss auf die Vorlage der Serie Boardwalk Empire: Aufstieg und Fall von Atlantic City von Nelson Johnson zurückgreifen. Das Buch aus dem Jahre 2002 beginnt dabei mit den ersten Anfängen der Stadt und endet mit der Gegenwart (2001). Dabei wählt Johnson einen dokumentarische Ton für seine Erzählung, die eine Biografie einer Stadt darstellt.

Fast zwanzig Jahre recherchierte der gelernte Jurist in den Aufzeichnungen Atlantic Cities um ein vollständiges und wahrheitsgetreues Bild der Stadt aufzeigen zu können. Und obwohl sich dieses Buch um einen Haufen Fakten handelt, ist seine Erzählstimme so gut gewählt, dass sich dieses Buch wie ein guter Kriminalroman lesen lässt.

Wie bereits gesagt beginnt seine Erzählung ganz an den Anfängen von Atlantic City, bzw vor den Anfängen der Stadt. Dort wo Atlantic City nur die Idee des Arztes Jonathan Pitney war, der einen Kurort im Norden-Osten Amerikas schaffen wollte. Er erzählt von der Grundsteinlegung dieser Planstadt, von den Eisenbahnlinien, die Atlantic City langsam größer werden ließen. Er schildert wie arme Familien aus Philadelphia anfingen nach Atlatic City zu reisen, da dies der einzige Urlaub war, den sie sich leisten konnten, und wie Männer anfingen Eintagesausflüge in die Stadt am Meer zu unternehmen. Und natürlich fragt sich Johnson immer wieder, wie die Mafia in dieser Stadt so groß werden, und die Polizei bei so vielen illegalen Machenschaften wegschauen konnte.

Hierbei zeigt er, dass es den Bewohner von Atlantic City immer nur darum ging ihre Stadt noch populärer werden zu lassen. Egal mit welchen Mitteln und egal zu welchem Preis. Oder wie es der Bewohner Murray Fredericks einmal sagt:

„Wären die Leute wegen Bibellesungen in die Stadt gekommen, hätten sie die bekommen. Aber keiner hat je nach einer Bibellesung gefragt. Sie wollten Schnaps, Bräute und Glücksspiel, und genau das haben wir ihnen gegeben.“

Die spannenden kriminellen Machenschaften der 20er Jahre fängt Johnson genauso gut ein, wie den danach einsetzenden Fall und die Entwicklung bis hin zur Gegenwart. Dabei formuliert er so spannend und fesselnd, dass es kein Wunder ist, dass aus dieser Vorlage eine Serie entstand.

Serie oder Buch: Das Dilemma mit den Vorlagen

Wie so oft kann man, nachdem man die Vorlage für eine Serie gelesen hat, anfangen die Serie zu kritisieren. In der Tat hätte man eine sehr gute Serie aus der kompletten Handlung des Buches machen können. Man hätte von der Gründung der Stadt, dem ersten Boss, dem Aufstieg Nuckys und dessen Fall und natürlich der Entwicklung bis zur Gegenwart erzählen können. Leider ist der Serienautor jedoch vollkommen auf den Klischee-Mafia-Zug aufgesprungen und dieser fährt natürlich durch die zwanziger Jahre, hält in Prohibition Town und bei den ersten Maschinengewehren, und fährt dann weiter zu Bandenkriegen.

Nichtsdestotrotz ist Boardwalk Empire eine sehr gute Serie, die jedoch stark von ihrer Vorlage abweicht. Wer also zunächst die Serie gesehen hat und dann das Buch liest, der wird sich auf den ersten hundert Seiten fragen, wann es denn nun endlich mit der Serienhandlung losgeht und der wird sich über Nuckys Ende wundern. Außerdem kommt es in dem dokumentarischen Buch natürlich zu weniger blutigen Schießereien und Wortgefechten. Nimmt man dies in kauf, bekommt man ein sehr gut geschriebenes Buch, welches einem Hilft viele Dinge in der Handlung der Serie zu verstehen.

Der wohl beste Weg diese beiden unterschiedlichen Medien zu konsumieren, ist, wie so oft, zunächst das Buch zu lesen und dann die Serie zu gucken, da diese mit den nötigen Hintergrundinformationen viel einfacher zu verstehen ist.

Das klassische Fazit

Abschließend kann ich nur sagen, dass ich es wirklich genossen habe dieses Buch zu lesen. Ich finde Mafiastrukturen schon lange Zeit sehr spannend, und dieses Buch zeig sehr deutlich, wie sie entstehen, sich festigen und wachsen. Wer sich jemals gefragt hat, wieso ein Konzept wie die Mafia funktioniert, der muss Boardwalk Empire von Nelson Johnson lesen. Und für alle anderen gilt: Lest dieses Buch, es ist spannend und wird noch einmal spannender, wenn man sich bewusst macht, dass die geschilderten Vorgänge wahr sind.

Boardwalk Empire – Aufstieg und Fall von Atlantic City von Nelson Johnson ist auf Deutsch im Heyne Verlag erschienen

-> Boardwalk Empire bei Amazon kaufen


Boardwalk Empire wurde mir von Randomhouse zur Verfügung gestellt. Dies hat meine Meinung nicht beeinflusst.

1

CFF: Scarface

CFF

Nein, es geht hier nicht um das Remake von 1983 mit Al Pacino, sondern um das Original von 1932. Der Film ist gleich aus mehreren gründen interessant für die Filmgeschichte. Zum einen ist es einer der ersten Gangster-Ton-Filme. Zum anderen – und das bedingt sich aus Punkt eins – ist er einer der brutalsten Filme der Zeit und soll daher mitverantwortlich für die Einführung des Production Codes, der Gewalt, Sex und andere Dinge in Filmen verbietet, sein.

Bereits 1930 stellten Hawks und Howards Hughes, ja, genau der Mann um den es in Aviator geht, Scarface fertig. Auf Grund seiner gewalttätigen Szenen kam es zu Verhandlungen mit der Zensurbehörde. Nach langem hin-und-her erschien der Film in gekürzter Fassung und mit einer zusätzlichen Szene, welche noch einmal verdeutlichen sollte, dass amoralisches Verhalten schlecht sei.
Dabei bietet der Film so viel mehr als „nur“ Schießereien und wirkt aus heutiger Sicht recht harmlos.

Picture from jaredmobarak.com. I don't own this picture

Der Film erzählt die Geschichte des Gangsters Tony Camonte, der im Laufe der Handlung immer weiter in den Kreisen des organisierten Verbrechens aufsteigt. Dabei gewinnt er nicht nur Macht, sondern auch allerhand Feinde. Verfeindete Banden greifen ihn und seine Gefolgsleute immer wieder an und es beginnt eine Art „Krieg“ in Chicago zu toben. Doch nicht nur die dunklen Seiten des Verbrechens werden dem Zuschauer vor Augen geführt. Auch die ausschweifenden Partys, der Ruhm, das Geld und die Frauen, werden inszeniert. Wie der Film immer wieder erahnen lässt, kann es mit Tony kein gutes Ende nehmen. Und so kann der Zuschauer beobachten wie sich die Schlinge um ihn immer enger zieht.

Im Vergleich zum Remake lässt sich der Film wesentlich besser gucken, da er nur knapp halb so lang ist. Die knapp 90 Minuten verfliegen dabei recht schnell. Die Handlung ist recht linear erzählt, es gibt einige kleinere Höhepunkte und einen großen Show-down zum Schluss. Paul Muni mimt Scarface recht überzeugend und schafft es im Verlauf des Films allein durch sein Pfeifen Spannung aufzubauen.

Was mich sehr fasziniert hat, an diesem Film, ist, wie er mit der Geschichte umgeht. Das vermehrte aufkommen von Verbrecherbanden während der Prohibition – dem Verbot von Alkohol in den 1920er Jahren in den USA – wird genauso fließend in den Film integriert, wie die frei nacherzählte Geschichte von Al Capone aka. Scarface. Ein Teil der Angst und des Schreckens, die im Chicago der 20er Jahre geherrscht haben müssen, werden gut transportiert und bringen ein Stück Geschichte näher. Unterlegt wird dies mit dunklem Humor, flotten Sprüchen und vielen Männern in Anzügen mit Maschinengewehren.